Vorfälligkeitsentschädigung der Sparda-Bank zurückverlangen

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 26.01.2023  (Aktenzeichen: 4 U 134/21) eine Vorfälligkeitsentschädigung der Sparda-Bank Südwest eG gekippt. Ihre Kunden können nun einen Betrag von 13.768,05 € zurückverlangen.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Der Kläger verlangt die Rückzahlung eines im Zuge einer vorzeitigen Darlehensablösung geleisteten Betrags von 13.768,05 €.

 

Die Parteien schlossen am 16.02.2017 einen Immobiliardarlehensvertrag über eine Nettodarlehenssumme von 136.000,- € mit einem bis zum Ende der Vertragslaufzeit gebundenen Sollzinssatz von 1,64%. Das Ende der Vertragslaufzeit ist in Ziffer 4 des Vertrages mit dem 28.02.2030 angegeben.

 

Der Vertrag enthält unter anderem folgende weitere Regelungen:

 

„7. Vorzeitige Rückzahlung

 

Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur ganz oder teilweise vorzeitig zurückführen, wenn ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht. Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung fällt eine Vorfälligkeitsentschädigung nach Ziffer 8 an.

 

8. Angabe zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (Ablöseentschädigung)

 

Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung (vergleiche Ziffer 7 dieses Vertrages) oder im Fall der außerordentlichen Kündigung auf der Grundlage eines berechtigten Interesses (vergleiche Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen) hat der Darlehensnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht. Der Berechnung dieses Schadens wird der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Methode zugrunde legen, welche davon ausgeht, dass die durch die Rückzahlung frei gewordenen Mittel laufzeitkongruent in Kapitalmarkttiteln angelegt werden. Danach wird berücksichtigt

- Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Die Differenz zwischen dem Vertragszins des abzulösenden Darlehens und der Kapitalmarktrendite ist um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallende Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen. Die auf der Grundlage der so ermittelten Nettozinsverschlechterungsrate für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen werden dann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgezinst. Dabei wird auch hier der aktuelle Wiederanlagezins, das heißt, die Renditelaufzeit kongruenter Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner zugrunde gelegt.

- Daneben wird der Darlehensgeber ein angemessenes Entgelt für den mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbundenen Verwaltungsaufwand verlangen.

Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern oder im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.

 

9. Mitteilungspflichten des Darlehensgebers bei beabsichtigter vorzeitiger Rückzahlung (§ 493 Abs. 5 BGB)

 

Wenn der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber mitteilt, dass er eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens beabsichtigt, wird ihm der Darlehensgeber unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger Auskunft über die Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrages und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung mitteilen. Soweit sich diese Informationen auf Annahmen stützen, müssen diese nachvollziehbar und sachlich gerechtfertigt sei und als solche dem Darlehensnehmer gegenüber offengelegt werden.“

 

Mit Schreiben vom 10.02.2020 (Bl. 53 GA) trat der Kläger an die Beklagte mit der Bitte heran, ihm eine detaillierte Abrechnung für das Darlehen zuzusenden. Mit Schreiben vom 09.03.2020 (Bl. 94 GA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine vorzeitige Ablösung, ausgenommen bei Verkauf des Beleihungsobjekts, nicht möglich sei.

 

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2020 (Bl. 57 ff. GA) zeigte der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass eine Veräußerung der finanzierten Immobilie erfolgen solle. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers führten aus, die von der Beklagten zwischenzeitlich mitgeteilte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 15.218,48 € sei nicht geschuldet und eine etwaig zwischenzeitlich erfolgte Zahlung stehe unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Ferner forderten sie die Beklagte unter Fristsetzung auf den 26.06.2020 zu der Erklärung auf, dass keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werde und die Beklagte den Kläger von den Kosten ihrer Inanspruchnahme freistelle. Eine Kündigung des Darlehens durch den Kläger erfolgte nicht.

 

Mit Schreiben vom 18.08.2020 (Bl. 95 GA) zeigte das Notariat, … gegenüber der Beklagten die Veräußerung der finanzierten Immobilie an und bat um Übersendung der Löschungsbewilligung betreffend die zugunsten der Beklagten eingetragene Grundschuld sowie um Mitteilung etwaiger Forderungen, von denen die Übersendung der Löschungsunterlagen abhängig gemacht werde. Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom 10.09.2020 (Bl. 96 f. GA) die Löschungsunterlagen und wies darauf hin, dass über diese nur verfügt werden dürfe gegen Zahlung eines Gesamtbetrags von 193.428,23 € zur Ablösung des streitgegenständlichen und eines weiteren Darlehens. Bei dem mitgeteilten Betrag war eine Vorfälligkeitsentschädigung für das streitgegenständliche Darlehen von 13.768,05 € berücksichtigt (vgl. Bl. 98 GA). In der Folge wurde der Kaufpreis in Höhe der von der Beklagten mitgeteilten Forderung an diese entrichtet.

 

Der Kläger hat behauptet, ausgehend von einer aktiven Ausreichung des Kapitals an andere Kunden belaufe sich die Vorfälligkeitsentschädigung auf lediglich 6.318,62 € bzw. ohne Berücksichtigung der Zinsmargenposition auf 4.832,61 €.

 

Er hat geltend gemacht, die Beklagte könne keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, da die Angaben zur Berechnung unzureichend seien. Unterstellt, die Berechnung könne nach der „Aktiv-Passiv-Methode“ erfolgen, werde der falsche Eindruck erweckt, dass die Vorfälligkeitsentschädigung grundsätzlich bis zum Ende der Laufzeit des Darlehens berechnet werde, obschon die allein maßgebliche berechtigte Zinserwartung zu einem früher liegenden Zeitpunkt ende. Ferner hat der Kläger gerügt, es werde nicht darüber informiert, dass – unstreitig eingeräumte – Sondertilgungs- bzw. Tilgungsanpassungsrechte die berechtigte Zinserwartung beeinflussten. Zudem stelle die Beklagte hinsichtlich der Wiederanlagerendite wiederholt auf „Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner“ ab, obschon richtigerweise die Rendite aus Hypothekenpfandbriefen zugrunde zu legen sei.

 

Dessen ungeachtet erscheine die Heranziehung der „Aktiv-Passiv-Methode“ heute nicht mehr gerechtfertigt und stehe zudem nicht in Einklang mit den Vorgaben der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (2014/17/EU), die eine rein abstrakte Berechnung verbiete. Der Kläger hat insoweit eine Vorlage an den EuGH angeregt (Bl. 43 GA).

 

Den von der Beklagten behaupteten Aufhebungsvertrag hat der Kläger vorsorglich angefochten (Bl. 105 GA).

 

Der Kläger hat beantragt (Bl. 3, 164 GA),

 

1.

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 13.768,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.10.2020, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, zu zahlen;

 

2.

die Beklagte zu verurteilen, an die … R.-Versicherungs AG,, weitere 513,30 € als Nebenforderung zu zahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

 

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 83, 163 GA),

 

die Klage abzuweisen.

 

Nach ihrer Ansicht war das notarielle Schreiben vom 18.08.2020 (Bl. 95 GA) als namens und in Vollmacht des Klägers unterbreitetes und von ihr angenommenes Angebot zur vorzeitigen Aufhebung des Darlehensverhältnisses unter Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts zu verstehen gewesen. Demgemäß stehe hier keine Vorfälligkeitsentschädigung, sondern ein (vertraglich vereinbartes) Vorfälligkeitsentgelt in Rede.

 

Ferner hat die Beklagte den Einwand der Verwirkung sowie der unzulässigen Rechtsausübung erhoben und geltend gemacht, der Kläger habe die Zahlung in Höhe von 13.768,05 € in Kenntnis der Nichtschuld geleistet.

 

Mit dem am 24.09.2021 verkündeten Urteil (Bl. 179 ff. GA) hat das Landgericht die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 13.768,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.01.2021 verurteilt. Zur Begründung hat es – soweit in der Berufung von Interesse – ausgeführt, bei dem gezahlten Betrag handele es sich entgegen der Annahme der Beklagten nicht um ein Vorfälligkeitsentgelt, sondern um eine Vorfälligkeitsentschädigung. Ein Anspruch der Beklagten auf die Vorfälligkeitsentschädigung sei indes gemäß § 500 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien fehlerhaft, da die Beklagte für die Wiederanlagerendite auf Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner abhebe, wohingegen ihr nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen zumutbar sei. Dahinstehen könne damit, ob ein weiterer Fehler daraus folge, dass die von der Beklagten angegebene Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens nicht dem Zeitraum der rechtlich geschützten Zinserwartung entspreche. Die Beklagte könne dem Anspruch weder § 814 BGB noch den Einwand der Verwirkung oder der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

 

Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

 

Primär bleibt sie bei ihrer Einschätzung, der Kläger habe den nunmehr zurückverlangten Betrag als zwischen den Parteien vereinbartes Vorfälligkeitsentgelt gezahlt.

 

Hilfsweise beruft sie sich darauf, dass die vertraglichen Angaben zur Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausreichend gewesen seien. Sie macht geltend, es gebe keine verbindliche Vorgabe des Bundesgerichtshofs, welche Art von Wiederanlagetitel als Berechnungsgrundlage anzunehmen sei, verlangt werde lediglich eine „sichere Anlage“. Die von ihr angegebene Berechnungsmethode sei nicht falsch, da es sich auch bei Hypothekenpfandbriefen jedenfalls um „Kapitalmarkttitel“ handele und sich Pfandbriefe zudem auch auf öffentliche Schuldner beziehen könnten. Die Auffassung des Landgerichts zugrunde gelegt, müsste sie konsequenterweise die Rechtsprechung jeweils auf etwaige Änderungen der Vorgaben zur Berechnungsmethode im Blick haben, was ihr nicht zuzumuten sei. Die Vertragsangaben zur Laufzeit des Darlehens erachtet die Beklagte als zutreffend.

 

Die Beklagte hält den Einwand der Verwirkung und der unzulässigen Rechtsausübung aufrecht.

 

Die Beklagte beantragt (Bl. 239, 335 GA), unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 24.09.2021, 1 O 363/20, die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt (Bl. 264, 335 GA),

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.

 

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 20.08.2021 (Bl. 163 ff. GA) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 24.09.2021 (Bl. 179 ff. GA) und die Sitzungsniederschrift des Senats vom 15.12.2022 (Bl. 334 f. GA) Bezug genommen.

Das Urteil wurde wie folgt begründet:

 

I.

Die Berufung der Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

 

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch gebieten die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, der Beklagten günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO).

 

Dem Kläger steht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der an die Beklagte geleisteten 13.768,05 € zu. Die Leistung erfolgte rechtsgrundlos. Eine gesonderte Vereinbarung über die Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts lag ihr nicht zugrunde (dazu unter 1.). Auch als Vorfälligkeitsentschädigung war sie nicht geschuldet, weil ein hierauf bezogener Anspruch der Beklagten gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen ist (dazu unter 2.). Der Anspruch des Klägers scheitert auch weder nach § 814 BGB, noch kann die Beklagte dem Anspruch den Einwand der Verwirkung oder der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten (dazu unter 3.).

 

1.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Betrag von 13.768,05 € als Vorfälligkeitsentschädigung im Sinne des § 502 Abs. 1 BGB und nicht als vertraglich vereinbartes Vorfälligkeitsentgelt gezahlt wurde.

 

a.

Dabei hat das Landgericht mit Recht darauf abgehoben, dass der Kläger nach § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 32 Abs. 1, §§ 38, 40 EGBGB) berechtigt war, seine Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag vorzeitig zu erfüllen. Denn die Veräußerung der finanzierten Immobilie begründet ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Rückführung des Darlehens (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2004 – XI ZR 398/02 –, BGHZ 158, 11; Urteil vom 1. Juli 1997 – XI ZR 267/96 –, BGHZ 136, 161; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2022 – 9 U 168/21 –, juris; Ellenberger/Bunte BankR-HdB, § 58, Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge/Immobiliardarlehensverträge Rn. 148, beck-online). Einer vorherigen Kündigung des Darlehens bedurfte es dabei nicht (vgl. Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 500 BGB (Stand: 22.07.2020), Rn. 6; MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl. 2019, § 500 Rn. 10).

 

b. Anders als die Beklagte meint, ist im Rahmen der zwischen ihr und dem Notar geführten Korrespondenz keine Vereinbarung mit dem Kläger über die vorzeitige Ablösung des Darlehens und ein in diesem Zusammenhang zu zahlendes Vorfälligkeitsentgelt zustande gekommen. Die Beklagte konnte die ihr gegenüber abgegebenen Erklärungen in einem solchen Sinne schon deshalb nicht verstehen, weil dem Kläger ein Anspruch auf vorzeitige Ablösung des Darlehens zustand und für ihn keinerlei Veranlassung bestand, sich vertraglich zur Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts zu verpflichten. Die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung gegen Vereinbarung eines Vorfälligkeitsentgeltes ergab sich insbesondere nicht daraus, dass die zugunsten der Beklagten bestehende Grundschuld bis zur vollständigen Ablösung bestehen bleiben durfte. Dies stellte die Berechtigung des Klägers zur vorzeitigen Darlehensrückzahlung nicht infrage. Bei der Anfrage des Notars vom 18.08.2020 handelte es sich zudem – wie der Beklagten zweifelsfrei bekannt war (vgl. den unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers Bl. 105 GA) – um eine reine Abwicklungstätigkeit im Zuge der Durchführung des notariellen Kaufvertrages. Die Beklagte konnte – nicht zuletzt in Ansehung der bereits zuvor geführten Korrespondenz – nicht davon ausgehen, der Kläger unterbreite ihr ein Angebot zum Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung, mit der er sich zur Zahlung eines einseitig von der Beklagten zu benennenden und rechtlich nicht geschuldeten Vorfälligkeitsentgeltes verpflichten wollte. Schon der Wortlaut des Schreibens des Notars gibt hierfür nichts her.

 

c.

Im Übrigen käme selbst unter der – zu verneinenden – Prämisse, dass die Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen hätten, § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB zum Tragen. Besteht nämlich – wie hier – ein Anspruch des Darlehensnehmers darauf, das Darlehen vorzeitig abzulösen, kann sich die Bank auf eine Vereinbarung, mit der sie eine nicht geschuldete Vorfälligkeitsentschädigung erzwingt, nicht berufen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2003 – XI ZR 226/02 –, juris; Urteil vom 1. Juli 1997 – XI ZR 267/96 – BGHZ 136, 161). Eine entsprechende Vereinbarung wäre wegen Umgehung der Regelungen der §§ 500 Abs. 2, 502 BGB unwirksam (§§ 134, 512 BGB).

 

2.

Der Anspruch der Beklagten auf Vorfälligkeitsentschädigung ist hier gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Denn die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind unzureichend.

 

a.

Nach Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB muss der Vertrag klar und verständlich formulierte Angaben über die Methode zur Berechnung des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung enthalten, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt.

 

Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie muss der Darlehensgeber sich bereits vor Vertragsschluss auf die anzuwendende Berechnungsmethode festlegen und diese im Darlehensvertrag festschreiben (vgl. Bt-Drs. 18/5922, S. 116). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen genügt es im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 10 Abs. 2 Buchst. r der RL 2008/48 ist im Kreditvertrag die Methode für die Berechnung der bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens fälligen Entschädigung in einer konkreten und für einen Durchschnittsverbraucher leicht nachvollziehbaren Weise anzugeben, so dass dieser die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der in diesem Vertrag erteilten Informationen bestimmen kann, wobei die Nennung einer mathematischen Formel nicht gefordert wird (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 2021 – C-33/20, C-155/20 und C-187/20 –, juris).

 

b.

Die Angaben der Beklagten zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind nicht bereits deshalb unzureichend, weil die Beklagte angegeben hat, der Berechnung die „Aktiv-Passiv-Methode“ zugrunde zu legen.

 

Anders als der Kläger meint, kann die Vorfälligkeitsentschädigung nach wie vor nach dieser Methode berechnet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18 –, juris; Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1). Dies gilt auch im Anwendungsbereich der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (2014/17/EU). Nach dem Gesetzentwurf zur Umsetzung dieser Richtlinie bleibt die Vorfälligkeitsentschädigung als schadensersatzrechtlicher Anspruch ausgestaltet. Eine Umsetzung des in Art. 25 Abs. 3 Satz 1 der RL 2014/17/EU vorgesehen Kriteriums der „objektiven Entschädigung“ wurde – wie bei der Verbraucherkreditrichtlinie – dabei nicht für erforderlich erachtet, da das Ausmaß des schadensersatzrechtlichen Anspruchs durch das Bereicherungsverbot beschränkt ist und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auch diesen Vorgaben Rechnung tragen (vgl. Bt-Drs. 18/5922, S. 91). Dabei nimmt die Begründung explizit Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der die Berechnung sowohl nach der „Aktiv-Aktiv-Methode“ als auch der „Aktiv-Passiv-Methode“ erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2004 – XI ZR 285/03 –, juris). Ferner wird in der Begründung zu Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB ausgeführt, der Darlehensgeber müsse sich bereits vor Vertragsschluss auf die anzuwendende Berechnungsmethode festlegen, und hinsichtlich der „zulässigen Berechnungsmethoden“ auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 1. Juli 1997 – XI ZR 267/96 –, juris) verwiesen, nach der die Berechnung nach der „Aktiv-Passiv-Methode“ zulässig ist (vgl. Bt-Drs. 18/5922, S. 116). Damit ist der gesetzgeberische Wille hinreichend zutage getreten, wonach die Vorfälligkeitsentschädigung auch die entgangenen Zinsen umfasst und die Berechnung nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung, mithin auch nach der „Aktiv-Passiv-Methode“ erfolgen kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2022 – 9 U 168/21 -juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 13. August 2021 – 24 U 270/20 –, juris; s. a. OLG Hamburg, Urteil vom 23. März 2022 – 13 U 102/21 –, juris).

35Da die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach der „Aktiv-Passiv-Methode“ dem in der Gesetzesbegründung zutage getretenen Willen des nationalen Gesetzgebers entspricht, käme eine andere Auslegung selbst dann nicht in Betracht, wenn diese Berechnungsmethode den Anforderungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie nicht genügen würde (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2021 – XI ZR 608/20 –, juris). Die von dem Kläger angeregte Vorlage an den EuGH bzw. eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das Vorlageverfahren des LG Ravensburg (EuGH-Vorlage vom 8. August 2022 – 2 O 316/21 –, juris) ist damit nicht angezeigt.

 

c.

Das Landgericht hat angenommen, die Angabe über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung sei fehlerhaft und damit unzureichend, da die Beklagte wiederholt auf die Wiederanlage in „Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner“ abgestellt habe mit der Folge, dass die Beklagte den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verloren habe (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19 –, BGHZ 226, 310). Dies trifft zu.

 

(1) Der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der von der Beklagten gewählten „Aktiv-Passiv-Methode“-in der Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens und vereinbarungsgemäßer Durchführung des Vertrages tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2004 – XI ZR 285/03 –, BGHZ 161, 196). Dabei ist die Rendite einer Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen und nicht die Rendite von Wertpapieren der öffentlichen Hand (so noch BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 – XI ZR 267/96 –, BGHZ 136, 161) zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2006 – XI ZB 20/05 –, juris; Urteil vom 30. November 2004 – XI ZR 285/03 –, BGHZ 161, 196; Urteil vom 7. November 2000 – XI ZR 27/00 –, BGHZ 146, 5).

 

(2) Gemessen daran weist die Angabe der Beklagten mit der konkret gewählten Formulierung eine Berechnungsmodalität aus, die mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht im Einklang steht.

 

Der Senat vermag sich auch nicht der Auffassung des OLG Frankfurt (Urteil vom 13. August 2021 – 24 U 270/20 –, juris) anzuschließen, die von der Beklagten gewählte Formulierung sei unschädlich, da es sich bei Hypothekenpfandbriefen ebenfalls um „Kapitalmarkttitel“ handele und Pfandbriefe sich auch auf öffentliche Schuldner beziehen könnten (§ 20 PfandBG). Denn das Pfandbriefgesetz unterscheidet gerade zwischen Hypothekenpfandbriefen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 12 ff. PfandBG) und Pfandbriefen öffentlicher Schuldner (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 20 PfandBG), sodass es sich bereits um unterschiedliche Anlageformen handelt. Schon dies schließt aus, dass mit der von der Beklagten gewählten Formulierung auch Hypothekenpfandbriefe gemeint sein könnten. Zudem entspricht die von der Beklagten verwendete Formulierung – wie auch das OLG Frankfurt ausführt – nahezu wörtlich dem Zitat des Bundesgerichtshofs in der Ursprungsentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 – XI ZR 267/96 –, BGHZ 136, 161). Auch dies zeigt, dass die Beklagte bei ihrer Information über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auf die in dieser früheren Entscheidung für maßgeblich gehaltene Anlageform abstellt. Von den dort für maßgeblich erachteten „Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner“ hat der Bundesgerichtshof aber in der Folge Abstand genommen und stattdessen auf die Wiederanlage in – von der gewählten Formulierung nicht erfasste – Hypothekenpfandbriefe abgestellt (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2000 – XI ZR 27/00 –, BGHZ 146, 5).

 

(3) Hinzu tritt, dass die Beklagte in ihrer Information eine konkrete Wiederanlage benannt hat, die sie ihrer Vorfälligkeitsberechnung selbst gar nicht zugrunde legt (vgl. den unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers Bl. 108 GA). Damit sind die Angaben im Vertrag inhaltlich nicht nur hinsichtlich des von dem Bundesgerichtshof für maßgeblich erachteten, sondern auch hinsichtlich des von der Beklagten bei der Berechnung ihrer Vorfälligkeitsentschädigung konkret veranschlagten Referenzzinses unzutreffend. Jedenfalls dies hat zur Folge, dass es an der hinreichenden Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Angabe mangelt. Denn damit hat die Beklagte den Kläger gerade nicht hinreichend über die maßgebliche Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung informiert, sondern vielmehr einen für die Berechnung maßgeblichen Parameter unzutreffend angegeben (zur Relevanz unrichtiger Angaben vgl. MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl. 2019, § 502 Rn. 14).

 

(4)

Entgegen der Berufung ist unerheblich, ob der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine verbindliche Vorgabe zum Referenzzins zu entnehmen ist oder nicht. Der Hinweis der Beklagten, von ihr könne nicht verlangt werden, jeweils entsprechend der aktuellen BGH-Rechtsprechung einen differenzierten Wiederanlagezins anzugeben, vielmehr genüge, dass der Kunde erkenne, dass es sich bei dem Wiederanlagezins um eine „sichere Anlage“ handeln müsse, geht fehl. Denn die Beklagte hat gerade nicht allgemein über die Wiederanlage in „sichere Kapitalmarkttitel“ informiert, sondern eine weitergehende Konkretisierung vorgenommen. Hierdurch wird dem Darlehensnehmer der unzutreffende Eindruck vermittelt, alleine die konkret genannte Wiederanlageform sei für die Berechnung des Referenzzinses maßgeblich. Dass für die Berechnung der Rendite der Wiederanlage auch andere sichere Anlagen in Betracht kommen, kann der Darlehensnehmer demgegenüber nicht erkennen.

 

(5) Ob die Benennung der konkreten Anlageform überhaupt erforderlich war, ist ebenfalls unerheblich. Denn der Darlehensgeber muss auch dann, wenn er über die Mindestanforderungen hinausgeht, klare und verständliche Angaben machen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 2021 –, juris), die zudem inhaltlich zutreffend sein müssen (MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl. 2019, § 502 Rn. 14; vgl. – betreffend Widerrufsbelehrungen – auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. Februar 2017 – 7 U 153/15 –, juris; OLG Hamm, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 31 U 56/15 –, juris; siehe auch BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2018 – XI ZR 46/18 –, juris, wonach inhaltlich zutreffende Ergänzungen unschädlich sind).

 

(6) Da die Rendite der Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner nach wie vor deutlich geringer ist als bei Hypothekenpfandbriefen (vgl. den unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers zur Differenz der Rendite aus Hypothekenpfandbriefen bzw. Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner Bl. 18, 108 GA) mit der Folge, dass sich bei Zugrundelegung der Rendite aus Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner eine höhere Vorfälligkeitsentschädigung ergibt, ist die unzutreffende Angabe auch geeignet, den Darlehensnehmer von der vorzeitigen Rückführung des Darlehens abzuhalten.

 

d.

Nach Auffassung des Senats ist die Angabe über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung aus weiteren Gründen unzutreffend.

 

(1) Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ist so zu bemessen, dass der Darlehensgeber durch die Kreditablösung im Ergebnis weder finanziell benachteiligt noch begünstigt wird. Ersatzfähig ist der Zinsschaden daher lediglich im Rahmen der rechtlich geschützten Zinserwartung des Darlehensgebers. Eine solche besteht bis zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt des Rückzahlungsanspruchs oder, wenn dieser zeitlich früher liegt, bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der nächsten zulässigen Kündigung, also insbesondere bis zum Ablauf eines gegebenenfalls vereinbarten Zinsfestschreibungszeitraums, wobei die erstmalige Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers nach zehn Jahren (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) die Obergrenze darstellt. Darüber hinaus wird die rechtlich geschützte Zinserwartung durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – XI ZR 388/14 –, BGHZ 208, 290).

 

(2) Die Beklagte definiert den Zinsverschlechterungsschaden in Ziffer 8 des Vertrags als die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Ferner hebt sie auf die „für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen“ ab.

47Aus Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (vgl. – zur Widerrufsinformation – BGH, Beschluss vom 31. März 2020 – XI ZR 198/19 –, juris), entsteht durch die Formulierung „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ der unzutreffende Eindruck, dass damit die restliche Laufzeit der zuvor in Ziffer 4. genannten Laufzeit gemeint ist und der Zinsverschlechterungsschaden stets bis zum Ende dieser angegebenen Vertragslaufzeit berechnet wird. Dies ist geeignet, den Darlehensnehmer von einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens abzuhalten, da eine auf die gesamte restliche Vertragslaufzeit berechnete Vorfälligkeitsentschädigung regelmäßig höher ausfallen wird.

 

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird demgegenüber vertreten, der Darlehensnehmer werde dadurch hinreichend informiert, dass die Angabe zur Berechnungsmethode für die Vorfälligkeitsentschädigung ausdrücklich auf die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens nach Ziffer 7 und die außerordentliche Kündigung nach Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen Bezug nehme; er wisse daher, dass mit „Restlaufzeit“ nur diejenige Restlaufzeit der Zinsbindung gemeint sei, von der er sich nicht entschädigungsfrei lösen könne (so OLG Stuttgart, Urteil vom 18. Mai 2022 – 9 U 237/21 –, juris, wobei dort die Formulierung „Restlaufzeit bis zum Ende der Zinsbindung“ verwendet wurde; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2022 – 9 U 168/21 –, juris), und nicht der Zeitraum bis zur vollständigen Darlehensrückführung (OLG Frankfurt, Urteil vom 13. August 2021 – 24 U 270/20 –, juris). Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Der Umstand, dass der Darlehensnehmer an anderen Stellen des Vertrags bzw. den Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen auch auf das Kündigungsrecht gemäß § 498 Abs. 1 BGB und ferner darüber informiert wird, in welchen Fällen eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt, zeigt ihm lediglich, dass es für ihn sowohl entschädigungspflichtige als auch entschädigungsfreie Möglichkeiten gibt, sich vorzeitig vom Vertrag zu lösen bzw. das Darlehen vorzeitig zurückzuführen. Demgegenüber wird aus dem Zusammenhang der vertraglichen Regelungen nicht hinreichend deutlich, dass in dem Fall, in dem er sich entschädigungspflichtig vom dem Darlehensvertrag löst bzw. das Darlehen vorzeitig zurückzahlt, bei der Berechnung der anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung diejenigen Zeiträume außer Betracht zu bleiben haben, hinsichtlich deren er sich bei Fortführung des Vertrages hätte entschädigungsfrei lösen können. Insbesondere ergibt sich dies nicht daraus, dass in Ziffer 7 des Vertrags, auf den Ziffer 8 Bezug nimmt, vom „Zeitraum der Sollzinsbindung“ die Rede ist, zumal Ziffer 8 gerade abweichend hiervon auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ abstellt. Dessen ungeachtet ist der Sollzins gemäß Ziffer 3.1 des Vertrags bis zum Ende der Vertragslaufzeit gebunden, sodass der Zeitraum der Sollzinsbindung mit der in Ziffer 4 des Vertrags mitgeteilten Vertragslaufzeit identisch ist. Dessen ungeachtet wird dem Darlehensnehmer ohnehin bereits durch die Überschrift „Angabe zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (Ablöseentschädigung)“ vermittelt, dass die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung maßgeblichen Angaben allein in Ziffer 8 des Vertrages enthalten sind. Schon aus diesem Grund wird der Darlehensnehmer nicht davon ausgehen, er müsse sich weitere Berechnungsparameter aus dem Zusammenhang anderer Vertragsregelungen erschließen.

 

Der Senat hält die Formulierung der Beklagten auch nicht im Hinblick darauf für unschädlich, dass der Bundesgerichtshof (Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 –, BGHZ 224, 1) eine Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gebilligt hat, bei der die Formulierung „die für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme“ verwendet wurde, und dabei ersichtlich keine Differenzierung zwischen den vereinbarten und den durch die Sollzinsbindung begrenzten bzw. durch vorzeitige Kündigungsrechte, Tilgungsanpassungs- oder Sondertilgungsrechte angepassten, fiktiven vertraglichen Zahlungsströmen verlangt hat (so aber OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2022 – 9 U 168/21 –, juris). Denn in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Fall hatte die Bank die wesentlichen Parameter nur „in groben Zügen“ mitgeteilt, wobei dies durch das einleitende Wort „insbesondere“ auch für den Darlehensnehmer erkennbar war. Die Angaben der hiesigen Beklagten gehen darüber hinaus und vermitteln bereits durch die Einleitung „Danach wird berücksichtigt“ den Eindruck, die Parameter würden nicht nur in groben Zügen, sondern so mitgeteilt, wie sie für die Berechnung letztlich maßgeblich seien. Dann aber musste die Beklagte auch klar und verständlich darauf hinweisen, dass ihr Zinsschaden durch ihre berechtigte Zinserwartung begrenzt würde, in zeitlicher Hinsicht also bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der nächsten zulässigen Kündigung mit der erstmaligen Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers nach zehn Jahren (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) als Obergrenze.

 

(3)

Unter demselben Gesichtspunkt sind die Angaben der Beklagten zudem deshalb unzureichend, weil sich ihnen nicht entnehmen lässt, dass die berechtigte Zinserwartung und damit der Zinsschaden auch durch die vereinbarten Sondertilgungsrechte beeinflusst werden (a. A. OLG Frankfurt, Urteil vom 13. August 2021 – 24 U 270/20 –, juris).

 

3.

Ist nach alldem der Anspruch der Beklagten auf Vorfälligkeitsentschädigung infolge der unzureichenden Berechnungsangaben ausgeschlossen, erfolgte die Leistung des Klägers rechtsgrundlos. Dem Bereicherungsanspruch des Klägers steht § 814 BGB nicht entgegen. Der Kläger hat bereits im Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2020 erklärt, etwaige Zahlungen stünden unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Dies schließt die Wirkung des § 814 BGB aus (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1992 – V ZR 84/91 – juris; Urteil vom 17. Februar 1982 – IVb ZR 657/80 –, BGHZ 83, 278). Bereits im Hinblick darauf, dass der Kläger von vornherein deutlich gemacht hat, er erachte die geforderte Vorfälligkeitsentschädigung als nicht geschuldet und erbringe etwaige Zahlungen unter Vorbehalt, gehen auch der Einwand der Verwirkung – hinsichtlich dessen es zudem bereits am Zeitmoment fehlt – und der nicht näher begründete Einwand der unzulässigen Rechtsausübung fehl.

 

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

 

Die Revision ist zuzulassen, da divergierende Entscheidungen in Bezug auf die von dem Senat beanstandeten Formulierungen in der Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung existieren (anders als hier etwa OLG Frankfurt Urteil vom 13. August 2021 – 24 U 270/20 –, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2022 – 9 U 168/21 –, juris).