LG Nürnberg-Fürth: "Größte Zurückhaltung bei der Verwirkung"

In einem im März 2015 veröffentlichten Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth wurde klargestellt, dass auch der Widerruf eines lange Zeit zurückliegenden Darlehens nur unter strengen Voraussetzungen als verwirkt anzusehen ist. Dem Urteil lag ein Vertrag zugrunde, der 6 1/2 Jahre vor dem Widerruf abgeschlossen war.

Das Landgericht führte u.a. aus:

"Bei Würdigung dieser Umstände kann (wohl entgegen OLG Frankfurt, Beschl. v. 10.03.2014, Az. 17 W 11/14, juris Tz. 14 ff., Anlage B1) eine Verwirkung nicht angenommen werden. Vielmehr ist dem Vertrauen der Beklagten eine vergleichsweise geringe Schutzwürdigkeit beizumessen, insbesondere weil diese es selbst in der Hand hatte, für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu sorgen, nach der gesetzlichen Risikoverteilung das Risiko einer fehlerhaften Belehrung zu tragen hatte und wesentlich besser als der Kläger in der Lage war, die Ordnungsgemäßheit der Belehrung einzuschätzen. Hingegen kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger über die fehlerhafte Belehrung oder auf andere Weise Klarheit über den Bestand des Widerrufsrechts und die Dauer der Widerrufsfrist erhalten hätte, oder – über die vertragsgemäße Bedienung des Darlehens über einen Zeitraum von ca. 6 1/2 Jahren hinaus – der Beklagte einen sonstigen Anlass geboten hätte anzunehmen, er werde von seinem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen. Insofern ist der Streitfall im Hinblick auf die für eine mögliche Verwirkung maßgeblichen Umstände durchaus anders zu beurteilen, als die Fälle, die den weiteren vom Beklagtenvertreter genannten oberlandesgerichtlichen Entscheidungen (OLG Düsseldorf NJW 2014, 1599; KG GuT 2013, 213; OLG Köln WM 2012, 1532) zu Grunde lagen und in welchen die betreffenden Verträge bereits Jahre vor der Erklärung des Widerrufs vollständig abgewickelt waren."