Widerrufsinformation der DSL Bank

Die DSL Bank - eine Niederlassung der Deutsche Bank AG hat in den Jahren 2010 bis 2016 sehr unterschiedliche Widerrufsinformationen verwendet. Unsere Kanzlei hat festgestellt, dass in zahlreichen Fällen erhebliche Abweichungen vom jeweiligen gesetzlichen Muster festzustellen sind. Eine beispielhafte Aufzählung, sortiert nach Jahren, finden Sie im Folgenden:

Vertragsfehler Nummer 1

In zahlreichen Verträgen der Sparda-Bank, in denen Verbraucher gleichzeitig die Lebensversicherung  "SpardaBaufiProtect" abschlossen haben, wurde der Nettodarlehensbetrag nicht richtig angegeben. 

Beispielhaft hieß es unter Ziff. 3.2 des Darlehensvertrages wie folgt:

 

3.2 Kosten, Nebenleistungen, Nettodarlehensbetrag:

 

Darlehensnummer: 00xxxxxxxxxx                                                               

Höhe des Darlehens: EUR 190.000,00

./. Prämie SpardaBaufiProtect: EUR 10.000

Nettodarlehensbetrag: EUR 80.000                                                                               

 

 

Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz

(Stand: 15.10.2021)

 

Gemäß Art. 247  § 3 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB muss der grundpfandrechtlich gesicherte  Verbraucherdarlehensvertrag den Verbraucher klar und verständlich über den Nettodarlehensbetrag aufklären.

 

Dieser wurde in Art. 247 § 3 Abs. 2 S. 2 EGBGB in der Fassung vom 11.06.2010 wie folgt legaldefiniert:

 

„Nettodarlehensbetrag ist der Höchstbetrag, auf den der Darlehensnehmer aufgrund des Darlehensvertrags Anspruch hat.“

 

Hierzu ist bei Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 81, Rn. 97 nachzulesen:

 

„Werden zB Kosten mitfinanziert, die vereinbarungsgemäß an einen Dritten ausbezahlt werden (Vermittlungskosten, Versicherungsprämie), so wurden diese nach früherem Recht bei der Ermittlung des Nettodarlehensbetrages vom Darlehensnennbetrag abgezogen, da diese Beträge nicht zur Auszahlung an den Darlehensnehmer gelangten. Letztgenannter Umstand ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der Darlehensnehmer auf diese Beträge einen vertraglichen Anspruch hat, so dass sie nach der neuen Legaldefinition zu berücksichtigen, dh vom Darlehensnennbetrag nicht abzuziehen sind. Es ist nämlich unerheblich ist, ob die Auszahlung des Darlehens direkt an den Verbraucher oder gemäß seiner Weisung an einen Dritten erfolgen soll.“

 

Offensichtlich ist die DSL-Bank also bei der Angabe des Nettodarlehensbetrages von der alten Rechtslage ausgegangen. Damit sind diese Verträge noch heute widerrufbar.


Vertragsfehler Nummer 2

In den Jahren 2011 bis 2013 folge auf die eigentliche Widerrufsinformation in sehr vielen Fällen der nachstehende irritierende Textkasten:

 

Verbindlichkeit dieses Antrages / Bindefrist

 

Durch Unterzeichnung dieser Erklärung gibt der Darlehensnehmer ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages ab.

 

Der Darlehensnehmer bindet sich mit seiner Unterschrift für einen Monat an seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Frist beginnt mit Unterzeichnung dieses Vertragsangebotes durch den Darlehensnehmer.

Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz

(Rechtsstand: 15.10.2021)

Durch die Verwendung des Textkastens entwertet die DSL Bank ihre zuvor abgedruckte WiderrufsinformationZu verweisen ist insofern auf zwei Schreiben der DSL Bank, die unsere Kanzlei in unterschiedlichen Verfahren "zur Erläuterung" des Textkastens erreicht haben.

 

Der Übersichtlichkeit halber werden die dort getätigten Aussagen wie folgt gegenübergestellt:

 

Schreiben vom 17.10.2016

Schreiben vom 31.10.2016

 

„Außerdem ist die Klausel schon nicht Gegenstand der Widerrufsbelehrung und auch für sich gesehen, schon nicht in der Lage, die Widerrufsmöglichkeit Ihrer Mandantschaft einzuschränken, besagt sie schließlich vom Wortlaut her schon nicht, dass innerhalb der Angebotsfrist nicht dennoch ein Widerruf erfolgen kann.

 

 

 

 

 

 

„b) Einmonatige Bindungsfrist

Auch diesbezüglich können wir Ihre Bedenken nicht nachvollziehen. Durch die einmonatige Frist wird dem Verbraucher zur Verdeutlichung vor Augen geführt, wie lange er sich zunächst an seiner Erklärung auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages festhalten lassen muss. Dies hat natürlich nichts mit der zweiwöchigen Widerrufsfrist zu tun. Die einmonatige Bindungsfrist liegt dementsprechend zeitlich vor der Widerrufsfrist."

 

Damit wird mehr als deutlich, dass der DSL Bank selbst nicht klar ist, wie der Beginn der Widerrufsfrist im Zusammenhang mit der vertraglich vereinbarten Bindungsfrist zu verstehen ist.

 

Damit ist auch offensichtlich, dass die Information in Zusammenschau mit dem Textkasten nicht geeignet ist, Verbraucher klar und deutlich über ihr Widerrufsrecht aufzuklären.

 

Ein Widerruf entsprechender Verträge ist auch im Jahr 2021 demnach noch erfolgsversprechend.


Vertragsfehler Nummer 3

Häufig war in den Vertragsunterlagen der DSL-Bank in den Jahren 2011 bis 2013 nur pauschal eine "Monatsleistung“ betragsmäßig angegeben.

 

Die entsprechende Vertragspassage sah dann wie folgt aus:

 

1.3 Rückzahlung

 

Tilgung vom Nennbetrag                                           1,00 % p.a.

(zzgl. ersparter Zinsen)

Tilgungsbeginn                                                            30.11.2011      

(jedoch nicht vor dem auf die Vollauszahlung folgenden Montag)

 

Vertragslaufzeit                                                           40 Jahr(e) und 6 Monate

 

Allerdings fehlte die Angabe, wann diese Monatsleistungen jeweils fällig wurden. Zu dieser Angabe war die Bank aber gemäß Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB (in der Fassung vom 11.06.2010) verpflichtet.

 

Mit Urteil vom 22.04.2021 (Az.: 4 U 27/20) hat das Oberlandesgericht Saarbrücken den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages der Vereinigte Volks­bank eG Saar­louis-Sulzbach/Saar aus dem Jahr 2013 für wirksam erachtet, weil die Bank nicht die genaue monatliche Zinszahlungsverpflichtung in der Vertragsurkunde aufgenommen hatte. Dies sieht das OLG als Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Nr. 7 EGBGB, der den Verbraucher dazu berechtigt, noch Jahre nach Vertragsschluss den Widerruf des Vertrages zu erklären. Viele Darlehensverträge der DSL Bank sind jedoch ähnlich konzipiert, sodass das Urteil des OLG Saarbrücken auf diese Fälle übertragbar ist.

Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz:

(Rechtsstand: 15.10.2021)

 

Die Folgen eines Verstoßes gegen diese Pflicht sind den Vorschriften des BGB und nicht dem Art. 247 EGBGB zu entnehmen (Palandt-Weidenkaff, EGBGB, 72. Aufl. 2013, Art. 247, Rn. 1 a.E.). Dabei normierte § 495 Abs. 2 BGB a.F. folgendes: 

 

(2) 1Die §§ 355 bis 359a gelten mit der Maßgabe, dass

 

1.     an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Artikel 247 § 6 Absatz 2

des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche treten,

 

2.     die Widerrufsfrist auch nicht beginnt

 

a)    vor Vertragsschluss und

 

b)    bevor der Darlehensnehmer die Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 erhält, und

 

 

3.     der Darlehensnehmer abweichend von § 346 Absatz 1 dem Darlehensgeber auch die Aufwendungen zu ersetzen hat, die der Darlehensgeber an öffentliche Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann; § 346 Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ist nur anzuwenden, wenn das Darlehen durch ein Grundpfandrecht gesichert ist.

 

Wegen des Verstoßes hat die Widerrufsfrist daher bis heute nicht zu laufen begonnen! Der Vertrag kann auch noch im Jahr 2020 widerrufen werden.


Aktuelle Rechtsprechung:

Widerruf bei fehlender Angabe der monatlichen Zinszahlung

Mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 22.04.2021 (Az.: 4 U 27/20) hat das Oberlandesgericht Saarbrücken den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages der Vereinigte Volks­bank eG Saar­louis-Sulzbach/Saar aus dem Jahr 2013 für wirksam erachtet, weil die Bank nicht die genaue monatliche Zinszahlungsverpflichtung in der Vertragsurkunde aufgenommen hatte. Dies sieht das OLG als Verstoß gegen Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Nr. 7 EGBGB, der den Verbraucher dazu berechtigt noch Jahre nach Vertragsschluss den Widerruf des Vertrages zu erklären ("Widerrufsjoker").

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OLG Köln und die Bindung des EuGH-Urteils

Das Oberlandesgericht Köln hat mit nicht-veröffentlichten Beschluss vom 06.04.2020 (Az.: 12 U 52/19) eine Bindung an das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 abgelehnt. Es argumentiert damit, dass die verklagte DSL Bank das gesetzliche Muster der Widerrufsinformation übernommen hat und sich insofern auf die sog. Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann. Der Beschluss, der in einem Verfahren erging, das von der Kanzlei Stenz & Rogoz betreut wird, ist noch nicht rechtskräftig. Es wird derzeit geprüft, ob hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wird.

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EuGH-Urteil zum Widerruf eines DSL-Vertrages

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 11.09.2019 über eine Vorlagefrage des Landgerichts Bonn entschieden (Aktenzeichen: C-143/18 - Romano). Gegenstand des Rechtsstreit ist der Widerruf eines Darlehensvertrages bei der DSL Bank. Die dort verwendete Widerrufsbelehrung enthielt u.a. folgenden Text:

 

„Erlöschen des Widerrufsrechts

Das Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist und der Darlehensnehmer dem ausdrücklich zugestimmt hat.“

 

Der EuGH hat Pressemitteilungen zufolge den Widerruf von Darlehensverträgen, die online oder per Fax abgeschlossen wurden als verfristet angesehen, wenn diese vollständig erfüllt wurden. Nach Ansicht der Kanzlei Stenz & Rogoz betrifft das Urteil nur sehr wenige Fälle in der Praxis. Nachdem das Urteil noch nicht veröffentlicht wurde, konnte es jedoch noch nicht ausgewertet werden. Der Verfahrensgang ist auf den Internetseiten des EuGH nachzulesen. 

LG Hamburg: Textkasten macht Widerrufsinformation unwirksam

Das Landgericht Hamburg hat mit seinem viel beachteten Urteil vom vom 19.09.2016 - 325 O 42/16 zahlreiche Widerrufsinformationen der DSL-Bank aus den Jahren 2010 - 2014 für unwirksam erklärt. Betroffen sind Widerrufsinformationen, denen sich ein Textkasten folgenden Wortlauts anschloss:

 

Verbindlichkeit dieses Antrages / Bindefrist

 

Durch Unterzeichnung dieser Erklärung gibt der Darlehensnehmer ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages ab.

 

Der Darlehensnehmer bindet sich mit seiner Unterschrift für einen Monat an seine auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung. Die Frist beginnt mit Unterzeichnung dieses Vertragsangebotes durch den Darlehensnehmer.

 

 

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Aufhebungsvereinbarung der DSL Bank steht Widerruf nicht entgegen

Die DSL Bank hat in den vergangenen Jahren mit vielen ihrer Kunden eine sog. "Vereinbarung über vorzeitige Vertragsaufhebung" abgeschlossen. Darin findet sich eine Abgeltungsklausel mit dem Wortlaut "Nach Zahlung der vorgenannten Beträge sind alle gegenseitigen Ansprüche bezüglich der v. g. Darlehensbeträge abgegolten. Die DSL stellt sich bei Widerrufen auf den Standpunkt, dass hierdurch der Widerruf ausgeschlossen ist. Dieser Ansicht hat das Landgericht Bonn mit Urteil vom 04.03.2016 nun eine klare Absage erteilt.

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