BGH: Strenge Anforderungen an die Widerrufsbelehrung in Fernabsatzverträgen

In seiner kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom 24.01.2017 (Az.: Xi ZR 183/15) hat der BGH strenge Belehrungserfordernisse bei Darlehensverträgen, die in einer sog. Fernabsatzsituation geschlossen wurden, formuliert.

 Konkret führte der BGH aus:

 

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(1) Weil die Verbraucherdarlehensverträge zwischen den Parteien als Fernabsatzverträge zustande kamen, traf die Beklagte trotz des Vorrangs des Widerrufsrechts nach § 495 Abs. 1 BGB vor dem Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. gemäß § 312d Abs. 2 und 5 Satz 2, § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB a.F. und § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGBInfoV a.F. die damals noch geltende fernabsatzrechtliche Verpflichtung, ihre Vertragspartner auch über die Rechtsfolgen des Widerrufs zu belehren. Dazu gehörten auch die systematisch § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zugehörigen Modifikationen bei der Wertersatzpflicht nach § 312d Abs. 6 BGB a.F.

 

§ 312d Abs. 6 BGB lautete in der für den Fall ausschlaggebenden Fassung vom 04.08.2009 wie folgt:

 

6) Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat der Verbraucher abweichend von § 357 Abs. 1 Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist und wenn er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt.

 

Konsequent schlussfolgerte der BGH in der zitierten Entscheidung:

 

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Nach § 312d Abs. 6 BGB a.F. hatte der Verbraucher abweichend von § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (dazu Greenwood, Der Verbraucherschutz beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, 2013, S. 218; Knöfel, ZGS 2004, 182, 185; außerdem Hartmann, CR 2010, 371, 377) Wertersatz für die erbrachte (Finanz) Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden war und wenn er ausdrücklich zugestimmt hatte, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginne. Der Zusatz in der Widerrufsbelehrung der Beklagten erweckte demgegenüber den Eindruck, es genüge für die Wertersatzpflicht, wenn der Verbraucher ausdrücklich zustimme, dass die Beklagte „mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist“ beginne. Der Zusatz war damit nicht nur unvollständig, sondern außerdem, weil er suggerierte, die Wertersatzpflicht hänge von geringeren Anforderungen ab als gesetzlich vorgesehen, zusätzlich geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17).

 

 

In vielen Fernabsatzverträgen wurde - wie auch im vom BGH entschiedenen Fall - der Verbraucher nicht darüber aufgeklärt, dass er Wertersatz nur dann zu leisten habe, wenn er 

  • vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden war und 
  • wenn er ausdrücklich zugestimmt hatte, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginne.

Das bedeutet, dass vor diesem Hintergrund viele Verbraucher bei einem Vertragsschluss im Fernabsatz (sog. Fernabsatzvertrag) unwirksam über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden.