Die PSD-Bank kann von ihren Kunden, die den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages erklärt haben, keine Rechtsanwaltsgebühren verlangen, auch wenn sich der Widerruf später als unwirksam herausstellt. Die PSD-Bank hat Klage in der ersten Instanz vor dem Amtsgericht Schweinfurt verloren. In der zweiten Instanz wurde die Berufung nach Hinweis des Landgerichts Schweinfurt zurückgenommen.
Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Unsere Mandanten (= Beklagte) schlossen mit der PSD Bank (= Klägerin) im Jahr 2013 einen Darlehensvertrag zur Finanzierung ihrer Immobilie. Mit Schreiben vom XX.09.2020 erklärten sie den Widerruf des Darlehensvertrags mit der Begründung, dass die anlässlich der Darlehensgewährung erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Die Beklagten überwiesen den offenen Darlehensbetrag an die Klägerin. Die Klägerin überwies den Betrag zurück. Die Beklagten wurden klägerseits aufgefordert unter anderem zu erklären, dass der Widerruf nicht aufrechterhalten werde. Nach deren Weigerung beauftragte die PSD-Bank eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Geltendmachung der Rechte der Klägerin. Diese forderten die Beklagten nochmals auf zu erklären, dass an dem Widerruf nicht festgehalten werde. Nach einigem Schriftverkehr wurde der Widerruf sodann am XX.03.2021 zurückgenommen. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Klägerseite wurden jedoch nicht beglichen.
Die Klägerin hat in der ersten Instanz vortragen lassen, dass sie die Rechtsanwaltsgebühren an ihre Prozessbevollmächtigten gezahlt habe. Sie hat die Ansicht vertreten lassen, dass sie jeweils eine wirksame Widerrufsbelehrung erteilt habe. Eine richtlinienkonforme Auslegung bei Immobiliardarlehensverträgen komme nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof habe mehrfach entschieden, dass der Verwender einer Widerrufsinformation, sofern er das gesetzliche Muster nutze, sich auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen könne. Die Klägerin sei berechtigt gewesen, die Beklagten aufzufordern, sich zu dem vermeintlichen Anspruch zu erklären. Dieser Aufforderung seien die Beklagten nicht nachgekommen. Damit hätten sich die Beklagten mit der Abgabe ihrer Erklärung in Verzug befunden. Die Beklagten hätten den Anspruch der Klägerin auf Abgabe der geforderten Erklärung am XX.03.2021 (Anlage K 12) ohne Einschränkung und ohne Vorbehalt anerkannt.
Die Klägerin hat beantragt die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.802,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 03.12.2020 zu zahlen.
Die Beklagten haben erstinstanzlich die Ansicht vertreten lassen, dass der erklärte Widerruf wirksam gewesen sei. Die Beklagten seien zudem von der Klägerin vor der Mandatierung ihrer Prozessbevollmächtigten nicht wirksam in Verzug gesetzt worden. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf die im Schreiben vom XX.09.2020 verlangten Erklärungen gehabt. Ein Widerruf könne nicht zurückgenommen werden. Auch ein Verzicht für die Zukunft könne nach Erklärung des Widerrufs nicht abgegeben werden. Auch ein wie auch immer gearteter Anspruch der Klägerin auf eine schriftliche Bestätigung der Beklagten, sämtliche vertraglichen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag vereinbarungsgemäß vollumfänglich zu erfüllen, bestehe nicht. Zur effektiven Rechtsverfolgung sei es im Übrigen nicht notwendig gewesen, die Kanzlei XXX zu mandatieren. Die Klägerin sei eine Bank, die über angestellte Juristen verfüge. Zudem sei der in Ansatz gebrachte Gegenstandswert bei Weitem überhöht. Anzusetzen gewesen sei allenfalls die Summe der bis zur Mandatierung der Kanzlei XXX unter Vorbehalt bezahlten Annuitäten, damit 1.550,00 €.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagten zu. Ein Schadensersatzanspruch komme vorliegend nicht unter Verzugsgesichtspunkten in Betracht, da es grundsätzlich keine Verpflichtung der Beklagten gegeben habe, eine richtige Rechtsauffassung dazu zu vertreten, ob ein Widerrufsrecht wirksam ausgeübt worden sei oder nicht. Mangels Bestehen einer Verpflichtung könne kein diesbezüglicher Verzug entstehen. Ein Ersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB ergebe sich erst dann, wenn die Vertragspartei ihre Rechtsposition nicht als plausibel habe ansehen dürfen. Ob im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen Widerrufsrechte bestehen oder zugrunde liegende Widerrufsbelehrungen fehlerhaft sind oder nicht, sei in hohem Maße einzelfallabhängig. Vor diesem Hintergrund hätten die Beklagten ihre Rechtsauffassung grundsätzlich für plausibel halten dürfen. Sie hätten daher jedenfalls eine etwaige Pflichtverletzung nicht zu vertreten gehabt.-
Die Klägerin wendete sich gegen die Klageabweisung und verfolgt mit ihrer Berufung den erstinstanzlich gestellten Antrag weiter.
Die Beklagten seien entgegen der Auffassung des Amtsgerichts zur Zahlung des geltend gemachten Gebührenanspruchs aufgrund Schadensersatzes wegen Verzugs verpflichtet. Die Beklagten hätten nicht nur eine Rechtsmeinung vertreten, sondern vielmehr deutlich gemacht, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Erfüllung des Darlehensvertrags habe. Es gehe also um die Abgabe einer rechtsgestaltenden einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung. Die Klägerin habe ein Recht auf Klärung des Vertragsverhältnisses gehabt. Darüber hinaus habe das Amtsgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagten den Anspruch der Klägerin durch letztendliche Abgabe der geforderten Erklärung ohne Einschränkung anerkannt hätten.
Das Landgericht hat der PSD-Bank geraten, die Berufung gegen das Urteil zurückzunehmen. Dies wurde wie folgt begründet:
Die Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Sie zeigt keine Rechtsverletzung auf, auf der das Urteil beruhen könnte. Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung als diejenige, die das Erstgericht getroffen hat. Es kann insoweit - sowohl im Ergebnis als auch in den Gründen - auf das Urteil des Erstgerichts Bezug genommen werden. Lediglich ergänzend sei zu den Einwendungen der Klägerin in der Berufungsbegründung ausgeführt, was folgt:-
I.
Ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB kann sich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Pflichten ergeben. Insoweit kann die sachlich unbegründete Geltendmachung eines Gestaltungsrechts als i.S. von § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB pflichtwidrig eingeordnet werden. Eine Haftung aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB weiter voraus, dass der pflichtwidrig Handelnde die Verletzung seiner Pflichten nach § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB zu vertreten hat. Hiervon ist nicht auszugehen, wenn er seinen Rechtsstandpunkt in der Sache für vertretbar halten durfte (vgl. BGH NJW 2009, 1262 Rn. 9 ff.). Dabei bezieht sich die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs gerade auf die Situation, in der ein Gestaltungsrecht ausgeübt wird.- -
II.
Der Anspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB demgegenüber würde voraussetzen, dass die Beklagten mit der Erfüllung einer Pflicht in Verzug geraten sind. Da der erklärte Widerruf jedoch keine Auswirkung auf die Pflichtenerfüllung seitens der Beklagten bis zum Zeitpunkt deren anwaltlicher Inanspruchnahme hatte, kann dies nicht angenommen werden.
III.
Der Anspruch der Klägerin kann sich auch nicht daraus ergeben, dass die Beklagten nach Auffassung der Klägerin „den Anspruch der Klägerin durch letztendliche Abgabe der geforderten Erklärung ohne Einschränkung anerkannt“ hätten. Die Beklagten haben unter dem XX03.2021 folgende Erklärung abgegeben (Anlage K 12): „Hiermit bestätigen wir, dass wir 1. keine Einwände mehr bezüglich vermeintlicher Mängel der Widerrufsbelehrung des Vertrages für Konto Nr. XXX erheben werden sowie 2. der bezüglich des Darlehens mit der Konto Nr. XXX bisher erklärte Widerruf gegenstandslos ist, künftig kein Widerruf erklärt wird und wir unsere vertraglichen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag für Konto Nr. Nr. XXX vereinbarungsgemäß vollumfänglich erfüllen werden sowie der Vorbehalt hinsichtlich aller unter Vorbehalt erfolgten Zahlungen zurückgenommen wird.“ Unabhängig davon, ob hierin ein irgendwie geartetes rechtlich verbindliches Anerkenntnis zu sehen ist, haben die Beklagten hiermit jedenfalls keinen Anspruch der Klägerin auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten anerkannt. Dass diese Erklärung der Beklagten rechtlich von weiterer Relevanz ist, ist für die Kammer nicht ersichtlich.
IV.
Soweit die Berufungsbegründung darauf abstellt, dass die Klägerin ein Recht zur Klärung des Vertragsverhältnisses gehabt habe, sei erwähnt, dass es durchaus unbefriedigend erscheinen kann, wenn die Kostenerstattung nach materiellem Recht lückenhaft bleibt - insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin, anstatt sich außergerichtlich zu verteidigen, sofort eine negative Feststellungsklage erheben hätte können, die unter Umständen aussichtsreich gewesen wäre und zu einer Kostenerstattung nach Prozessrecht geführt hätte. Jedoch knüpft das Haftungsrecht eben nicht an jeden Vermögensnachteil die Ersatzpflicht eines Dritten (vgl. hierzu ebenfalls BGH NJW 2007, 1458 Rn. 19 ff.). Insofern ist die Position des Schuldners schlechter als die des Prätendenten. Dieser Wertungswiderspruch ist jedoch de lege lata nicht auflösbar (siehe hierzu auch die übersichtlichen Darstellungen bei Feldmann, r+s 2016, 546 sowie Hunecke, NJW 2015, 3745).
Auf diesen Hinweis des Landgerichts hin wurde die Berufung zurückgenommen.