BVerfG beschäftigt sich mit der Verwirkung (1 BvR 1244/19)

Der XI. Senat des Bundesgerichtshofs hat in den vergangenen zwei Jahren die Verwirkung von Widerrufen immer großzügiger zugelassen.  So hat der Senat zuletzt mit Urteil vom 15.10.2019 (Aktenzeichen: XI ZR 759/17) bekräftigt, dass für das sog. Umstandsmoment der Verwirkung weder auf die Kenntnis des Darlehensnehmers vom Fortbestand seines Widerrufsrechts noch auf das Vertrauen des Darlehensgebers ankomme, dass der Darlehensnehmer in sonstiger Weise Kenntnis vom Fortbestand seines Widerrufsrechts erlangt. Dass der Darlehensgeber davon ausgeht oder ausgehen muss, der Darlehensnehmer habe von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schließt vielmehr eine Verwirkung nicht aus.

 

Ganz anders sieht dies hingegen der für Widersprüche von Versicherungsverträgen zuständige IV. Senat des Bundesgerichtshofs. Für das Umstandsmoment kommt es dort gerade darauf an, ob der Versicherte auf der Grundlage der Belehrung in der Lage war, sein Widerspruchsrecht auszuüben, und der Versicherungsgeber berechtigterweise erwarten durfte, dass dies erfolgt. Fehlt es an einer hinreichenden Belehrung, dann bedarf es besonders gravierender Umstände für den Eintritt der Verwirkung (vergleich z.B. Urteil v.7.5.2014, Aktenzeichen: IV ZR 76/11)

 

Diese Ungleichbehandlung von Versicherungsnehmern und Darlehensnehmern beschäftigt nun, worauf Prof. Knops in einem aktuellen Aufsatz ("Die Unanwendbarkeit unionsrechtswidriger Normen in Privatrechtsstreitigkeiten") in der NJW 2020, 2297 hinweist, das Bundesverfassungsgericht im Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 BvR 1244/19Sobald es sich das höchste deutsche Gericht positioniert, werden wir an dieser Stelle wie gewohnt darüber berichten.